Page 14 - Leseprobe - Überfahrene Lebenswelt
P. 14
Überfahrene Lebenswelt
also nach Italien führt – schildert Wilhelm Berger sehr anschaulich:
»Wer auf der Autobahn durch das Val canale (Kanaltal; Anm.), und,
ab Pontebba, durch den Canale del ferro (Eisenkanal oder auch Eisen-
tal; Anm.) fährt, wird die Erfahrung des Vorübergehenden, des Flüchtigen
machen. Diese Täler durchquert man ja tatsächlich fast nur als Passagier,
der sich, anders als ein Reisender, durch ein Ziel definiert, das anderswo
liegt … Mag der „schräge Durchgang“ denen, die ihn heute zur schnellen
Passage benützen, als eigenschaftslos erscheinen, so hat er dennoch ein
faszinierendes Selbst. Es ist, als ob er seine verwickelte Geschichte gerade in
3
ihrem Verschwinden bewahrt.«
Was ist nun unter „Kanaltal“ zu verstehen? Bei Wikipedia heißt es
dazu: »Der Name Kanaltal hat seine Wurzeln im friulanischen Wort Chia-
4
nâl oder Cjanâl, welches für schlauchartige Täler (Berggräben) steht.«
Veiter führt genauer aus: »Heute wird dieses ganze Gebiet (das gleich an-
schließend beschrieben wird; Anm.) Kanaltal genannt, obwohl der Name
ursprünglich nur dem Kanalgraben, einem Seitentälchen zur Gailitz, nörd-
lich von Tarvis, zukam.« Und weiter unten gibt Veiter eine kurze, aber
6
5
bezeichnende Charakterisierung: »Das Kanaltal ist nur nach Kärnten of-
fen, nach Süden (Italien) aber durch schroffste Dolomitberge abgegrenzt.« 7
Unter dem Namen Kanaltal wird heute also das Gebiet Tarvis
– Weißenfels bis zur slowenischen Grenze – nach Raibl, zum Predil-
Pass – dem Neveasattel – dann westlich nach Pontafel/Pontebba – zur
Fellaschlucht und von dort über die Karnischen Alpen bis zum Kamm
der Karawanken und wieder östlich bis zum Durchbruch der Gailitz be-
zeichnet.
In diesem Gebiet befindet sich damit – etwa in der Mitte des Kanal-
tales in Saifnitz/Camporosso, auf direkter Nord-Südachse von Campo-
rosso zum Monte Santo di Lussari, dem Luschariberg – eine der großen
Wasserscheiden Europas. In dem Ortsteil Camporosso-Villa (des sehr
alten Ortsteilnamens) finden sich beide Quellen – östlich bzw. westlich
der Kirche Santa Dorothea. Diese Quellen sammeln die Bäche und
Flüsschen und nehmen sie in die jeweilige Himmelsrichtung mit. Die
östlich der Kirche entspringende Quelle den Rio Lussari und den
Bartolograben und dann die vom Neveasattel kommende Schlitza/Sliz-
za, die Tarvis durchquert und nördlich von Arnoldstein als Gailitz in die
12