Page 9 - Leseprobe - Überfahrene Lebenswelt
P. 9
A. Einleitung
1. Zur Themenwahl
Erste Fahrten von Villach nach Italien führten mich durch das Val
Canale – manchmal war auch Kanaltal zu lesen – meinem Empfinden
nach sehr schnell gen Süden. Es öffnete sich das enge Tal, die schroffen
Berge wichen langsam und häufig kamen die ersten Sonnenstrahlen als
Vorgeschmack der südlichen Atmosphäre hervor. Eigentlich herrschte
der Eindruck vor, dass da ein Streifen Land zu „überwinden“ war, dem
weiters keine Aufmerksamkeit zu schenken notwendig war.
Doch muss es wohl mehr als einen Grund geben, warum in Kärnten,
genauer in Villach, aber auch in Klagenfurt und St. Veit, und weite-
ren Ortschaften, „Kanaltaler Siedlungen“ zu finden sind mit Straßen-
namen, deren Ortsnamenentsprechung in dieser deutschsprachigen
Form zum Beispiel auf Straßenkarten nicht – nicht mehr? – zu finden
sind.
Mit der Beschäftigung der Aussiedlung der Kärntner Slowenen im
Dritten Reich stieß ich wieder auf die Bewohner des Kanaltales, wel-
chen in diesem Zusammenhang wichtige Bedeutung zukam.
Fragen kristallisierten sich heraus, deren Klärung ich näher kom-
men wollte, wie:
• Welche Besonderheiten hat dieses Tal, das nach einer kurzen
Strecke von 25 Kilometern einer deutlich anderen Landschaft
weicht?
• Wie leben die Menschen dort?
• Wieso gibt es in Kärnten Kanaltaler Siedlungen mit Straßen-
namen, die in den meisten Fällen Ähnlichkeiten zu Namen in
diesem Tal zu haben scheinen, aber so nicht – oder nicht mehr
– offiziell benutzt werden?
• Die Kärntner Slowenen wurden ausgesiedelt, um – wie es hieß
– Höfe zur Ansiedlung der Kanaltaler zur Verfügung zu haben.
7