Page 16 - Leseprobe - Vom Brot im Meer
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Der Hölle entronnen
Am 14. Mai 1948, drei Jahre nach Ende des Zwei-
ten Weltkrieges, einen Tag bevor das britische Mandat
in Palästina endete, rief David Ben Gurion, damals de-
signierter israelischer Ministerpräsident, im Namen des
Jüdischen Nationalrates die Gründung des Staates Israel
aus. Noch am selben Tage wurde dieser neue Staat von
den Vereinigten Staaten von Amerika und der Sowjet-
union diplomatisch anerkannt.
Für viele Juden ging das in Erfüllung, was Theodor
Herzl, der jüdische Schriftsteller und Politiker aus Ös-
terreich, 1897 als zionistische Vision formuliert hatte:
Eine Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina war
geschaffen.
Damit begann eine große Einwanderung von Juden
und Jüdinnen aus der ganzen Welt. Es kamen die Hei-
matlosen, die Überlebenden der Konzentrationslager und
die, die durch die Vertreibungen ihr ganzes Hab und Gut
verloren hatten. Mit ihnen kamen aber auch geschultes
Fachpersonal aus der Bauindustrie, der Landwirtschaft,
viele Ärzte, und Fabrikanten, die sich am Aufbau des
neuen Staates beteiligen und zu dessen rascher Entwick-
lung beitragen wollten.
Mein Mann, David, war Experte für Landwirtschaft,
besonders für Zitrusfrüchte. Er wusste, dass Zypern und
Israel dasselbe Klima haben, und somit eine Zitrusplanta-
ge auch in Israel gedeihen konnte. Er empfand es als seine
Pflicht, dies für den neu gegründeten Staat Israel zu tun.
Es war nicht leicht für ihn, seine Arbeit und Plantage in
Zypern aufzugeben, da so viele seiner Mitarbeiter von ihm
abhängig waren. So dauerte es beinahe zwei Jahre, bis er
seinen Entschluss in die Tat umsetzte. Eines Tages, im Früh-
jahr 1950, kam er heim und teilte mir mit, dass von nun an
alles auf der Plantage in Zypern gut ohne ihn weiterlaufen
konnte. Er hätte für alle Arbeiter und Arbeiterinnen vorge-
sorgt und ihnen garantiert, dass alle ihre Arbeitsplätze auf
der Plantage behalten würden. Nun könnten wir beginnen,
uns auf ein Leben in Israel vorzubereiten.
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