Page 33 - Leseprobe - Überfahrene Lebenswelt
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Heimkehr ohne Heimat
haben ... natürlich mit den Amerikanern ... Kontakt gehabt und das war
schon klar, dass wir zurückkehren müssen, die haben ja gesehen, dass wir
in einem Lager waren, das war schon klar, aber es war natürlich 1945 im
Mai waren ja alle Eisenbahnstrecken, zerstörte Straßen und so, also es war
nur die Wartezeit, bis Verkehrsmöglichkeiten warn. Und es war einfach eine
schöne Zeit, nachdem man drei Jahre hinter Gittern war und der Vater ist
zurückgekommen, er war ja zur Zwangsarbeit in Karlsruhe und alle, die
zur Zwangsarbeit auswärts waren, sind ins Lager gekommen; das hat auch
eine Zeit gedauert.« 44
Die ersten Erfahrungen mit der Freiheit, das Lager verlassen zu
können, gut schmeckendes Essen zu bekommen, werden anschaulich
geschildert. Implizit wird nachvollziehbar, wie die Behandlung der Aus-
gesiedelten während des Krieges der Gefangener nahe kam: Das Essen
schlecht, was auch andere Interviewpartner geschildert haben, und kei-
ne Möglichkeit, vor Ende des Krieges das Lager zu verlassen außer zu
Arbeitseinsätzen, beziehungsweise Zwangsarbeit, die in der Regel die
Trennung der Familie bedeutete, wie zum Beispiel Frau K. erzählt, die
mit ihrer Familie in Eichstätt in Bayern interniert war, der Vater da-
gegen zur Zwangsarbeit in Karlsruhe in Baden (heute Baden-Württem-
berg) war.
Die Kriegsfolgen, die eine schnelle Heimfahrt unmöglich machten,
werden von ihr aber auch ganz sachlich genommen. Ganz eigene Er-
innerungen schildert uns Frau M.:
»Wir warn zuerst am Hesselberg, da hab ich gar nichts mitkriegt (Frau
M. war erst drei Jahre alt zum Zeitpunkt der Aussiedlung; die Verf.). In
Weißenburg (in Mittelfranken, südlich von Nürnberg) warn wir dann die
meiste Zeit. Und in dem Lager, wo wir waren, waren meistens Slowenen
aus Jugoslawien und meine Mutter ist deswegen dort geblieben, damit sie
als Dolmetscherin mit den Slowenen zu den Ärzten oder auch wenn einer
aufs Amt musste, und so hat sie die Aufgabe gehabt. Und so hat sie in der
Küche mitgeholfen. Der Vater war ein bissel noch dabei und dann musste
er auch einrücken zur Wehrmacht gegen die Versprechungen (dass Ausge-
siedelte nicht eingezogen werden würden; die Verf.). Und er war auch sehr
zornig: ‚Erst siedeln sie uns aus und dann soll man noch für die kämpfen.‘
Ja das war schon ein großer Schlag für die beide.«