Page 31 - Leseprobe - Überfahrene Lebenswelt
P. 31
Heimkehr ohne Heimat
den Hof oder nicht ... wurde von Herrn A. erzählt: »Bei uns war’s so,
dass zu uns hinauf kein Kanaltaler wollte, weil’s so schwierig, die Zufahrt
war schon schwierig, so weit, ein alleinstehender Hof und hat gesehn, wie
schwierig die Flächen zu bearbeiten sind. Das war, das ist ja nicht eben, ist
ja ein Bergbauernhof und da wollte er nicht hinauf. So ist der Hof nicht be-
arbeitet worden. Und ein heimischer Nationalsozialist, ... der wollte diesen
Hof kaufen und hat den Antrag gestellt an die Umsiedlungsgesellschaft in
Klagenfurt, dass dieser Hof nur als Alm bewirtschaftet sein kann. So hätte
er es billiger bekommen. Natürlich kam hier die Aussiedlungsgesellschaft
kontrollieren und da war mein Onkel, der Bruder von meinem Vater, dabei
und der Bürgermeister, und sie sind kontrollieren gangn. Der Vater hat aber
im Jänner, Feber, wo noch Schnee lag, immer den Mist vom Hof auf ent-
fernte Flächen geführt, das im Frühjahr nur auseinandergebracht werden
mußte und schneller gearbeitet werden kann. Bei der Umsiedlungsgesell-
schaft war aber ein Tiroler dabei, und Tirol wissen wir ja, dass sie auch
Bergbauern sind, und der ist hier auf diesen Misthaufen hinaufgestiegen
und hat er gesagt: ‚Von wo kommt dieser Misthaufen her, auf Almen gibt’s
das nicht.‘ Und dann hat der Bruder, der Onkel, gesprochen und hat ge-
sagt: ‚Hier war eine Familie mit so und so vielen Kindern und hier wurde
gearbeitet und abgeliefert – man mußte ja abliefern immer wieder – und das
geht nicht von einer Alm.‘ ... Der Onkel, der ist nicht ausgesiedelt wordn,
der war halt nicht abgestempelt von den Einheimischen, weil er eine, eine ...
wie soll ich sagen... eine Frau gehabt hat, die von einem Nationalsozialis-
ten die Schwester war. Und da hat der Tiroler, dieser von der Umsiedlungs-
gesellschaft, den Auftrag gegeben dem Bürgermeister: „Schaun Sie, dass der
Betrieb bewirtschaftet wird, wir stehn im Krieg, wir brauchen das.“ Und
dann wollten sie dem Onkel den Betrieb geben. Hat der gesagt: ‚Ich nimm
das nicht, hab selbst einn Betrieb im Tal und der Bruder in Deutschland
hat nichts zu tun.‘ Und deshalb sind wir nach drei Monaten wieder nach
Hause gekommen, aus diesem Grund. Am 14. April sind wir ausgesiedelt
wordn und am 17. Juli warn wir wieder zu Hause; cirka drei Monate. Mit
der Bahn sind wir, allein, gekommen.« 43
Verschiedene Aspekte, sowohl des bäuerlichen Lebens wie der zu
diesem Zeitpunkt aktuellen politischen Situation, werden an diesem
Interview deutlich: Die Familie lebt auf einem Bergbauernhof in schwer
zu bewirtschaftender Lage. Der Vater arbeitet sehr effektiv, zeit- und