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Überfahrene Lebenswelt
Abb. 5
Sprachzählung im Kanaltal 1910
Bei dieser Zählung gaben die Befragten an, welche der im Kanaltal
gesprochenen ihre Sprache wäre:
Ganz auffallend ist die hohe Zahl der Deutschsprechenden in Tar-
vis, das zum einen auf Grund seiner geografischen Lage eine starke
wirtschaftliche Verbindung in den Villacher Raum hatte. Dadurch war
es für Bewohner dieses nord-östlichen Gebietes des heutigen Italiens
von Interesse. Andererseits zog es als wichtiger Markt- und Verwaltungs-
ort die Intelligenz und diejenigen, die durch Bildung voran kommen
wollten, an, also nach Moritschs obiger Deutung die schon deutsch
Sprechenden bzw. die, die baldigst ein gutes Deutsch sprechen wollten.
In Saifnitz/Camporosso, Uggowitz und Leopoldskirchen gab es
noch vermehrt landwirtschaftliche Betriebe, wenn auch meist sehr klei-
ne – häufig wird von Keuschen, also sehr kleinen, armen Bauernhäu-
sern und bäuerlichen Anwesen gesprochen – und demnach Orte, in
denen das Slowenische stark vertreten war.
Malborghet, ursprünglich von furlanischen Kaufleuten erbaut, wur-
de nach dem Großbrand von 1345 von deutschen, von bairischen (die
alte Schreibweise; Anm.) und fränkischen, wieder aufgebaut. Weißen-
fels war ebenso eine bambergische Gründung mit rein deutscher Be-
siedlung. Der Kanaltaler damalige Grenzort zu Italien, Pontafel, war
schon immer stark deutsch besiedelt, hatte aber, als Nachbar zum ita-
lienischen Grenzort Pontebba, als einziger Ort des Erhebungsgebietes
Gemeindemitglieder, die sich als italienisch Sprechende deklarierten,
und zwar 10 Personen.
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