Page 15 - Als die Füße sprechen lernten
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Die innere Antriebskraft
Dieses Erlebnis brachte mich zum Umdenken. Ich wollte für die Menschen
da sein. Ich wollte auch individueller und flexibler arbeiten können, nicht nur
nach einem Standardmuster. Mein Beschluss selbstständig zu werden, wurde
in die Tat umgesetzt. Ein Eröffnungsinserat sollte den Auftakt dazu geben.
Sekt in Kübeln, belegte Brötchen, Luftballons als Dekoration und dezente
Hintergrundmusik vom Dalai Lama persönlich sollten die potenziellen Klien-
ten erwarten. Nun, da stand ich mit einem breiten Grinsen und wartete … und
wartete … und wartete. Niemand kam. Mein Grinsen war zwar etwas weniger
geworden, doch ich ließ mich nicht entmutigen und dachte, dass mich die
Menschen ja noch nicht kennen. Ich ließ ihnen also Zeit.
Einige Tage später verirrte sich mein erster Klient zur Massage in meine
neue Praxis. Ich saß vor seinen Füßen und wollte gerade mit der Reflexzonen-
massage beginnen, da hatte ich plötzlich eine Eingebung oder wie immer man
das benennen möchte. Nämlich, dass dieser Herr aufgrund seines labilen Ner-
venkonstruktes Schlafstörungen haben musste. Nun, ich fragte mich erst spä-
ter, nachdem ich ihn erfolgreich therapieren konnte, wie ich auf diese Idee
gekommen war und was ich da eigentlich gesehen hatte. Damals hatte ich
noch keine Ahnung warum, doch ich ging dieser verrückten Eingebung nach.
Füße als Sammelzentrum neuer Zonen
Ich beschäftigte mich jetzt natürlich außergewöhnlich viel mit den Füßen.
Auch mit Händen und Ohren. Dies gehörte ja auch zu meinem Beruf. So war
es für mich nichts Neues, dass nicht ein Fuß dem anderen gleicht. Warum aber
– abgesehen von jeder medizinischen Erklärung in Bezug auf Vererbung, DNA,
Chromosomen, usw. – ist das möglich? Gut, Vererbung konnte ich gelten las-
sen. Jeder Mensch ist ein Individuum. Dazu gehören auch Füße, Hände und
Ohren. Ich fotografierte, dokumentierte, analysierte und beobachtete alles
zum Thema. Was habe ich gesehen? Ich war schon regelrecht verzweifelt, weil
ich nicht wusste, wonach ich suchen sollte. Mit Bildern von Füßen schlief ich
ein und mit Bildern von Ohren wachte ich auf. Eine empirische Tätigkeit soll-
te es dann werden. Plötzlich fiel der Groschen. Es tauchte in mir die Frage auf:
Warum verändern sich Füße im Laufe unseres Lebens? Warum werden Zehen
schief? Warum werden Finger dick? Warum Ohren abstehend? Warum nicht
unsere Nase? Oder unsere Lippen? Warum passiert nichts mit der Zunge?
Jetzt wusste ich, dass es das Ungleichgewicht der Füße war, das mich an
meinem ersten Klienten störte (dies veranlasste mich, auf eine Disharmonie zu
schließen)und zudem wies er ein leichtes Nervenzucken an den Füßen auf. Da
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