Rezension Traude Veran – Siebzehnstein
Joachim Gunter Hammer: SIEBZEHNSTEIN.
Verlagshaus Hernals, Wien 2024
Und wieder legt Joachim Hammer einen Band Lyrik vor. Viele dieser Verse sind Siebzehn- und Neunzehnsilber, wie wir sie aus seinen früheren Werken kennen. Haiku im engeren Sinn darf man nicht erwarten; die Form des Dreizeilers erweist sich aber als idealer Rahmen für Hammers Versiunum.
Hammers Dichtung hat sich nicht formal, aber inhaltlich verändert: Sie stößt weiter denn je ins Land der existentiellen Fragen vor: Die illusionslos staunende Weltsicht des Naturwissenschafters trifft auf spirituelle Vertiefung.
Hin welkt die Rose – doch funkeln
immerwährenden Scheins
Sätze der Logik?
Dividiert es dich, um erlöst zu werden,
durch gOtT, die trans
wirkliche Null?
Wer ist Ich, wer das Selbst im Universum? Der Spiegel als Gegen-Existenz – eine beeindruckende Metapher nicht nur, aber auch für die Sprache. Den beiden Weisen Taifuno und Chao-tse, die Hammer früher eher spielerisch auftreten ließ, kommt in diesem Werk eine wichtige Rolle zu – auch sie Symbol der Spiegel-Existenz: Zurücktreten hinter ein Anderes gibt Raum für Wesentliches.
Welch Spiegelungen nur
vom Hörensagen – der Täuschung
bin ich hier gewiss
Doch mir selbst zu begegnen
hoffe ich nicht, sagt
zu Siebzehnstein der Spiegel.
Das Denken im Wortgefängnis, das Schwarze Loch der Wörter. Und alles mündet in die letzte Frage: Ist das Schweigen des Dichters nach so vielen Worten eine annehmbare Konsequenz?
Wohin es dich auch zieht,
noch fliegt stets der Käfig mit,
worin du wortreich schweigst …
Endlich nach so vielen Gedichten
lächelnd des Schweigens
mächtig sein
Dazwischen trifft man beim Blättern auf Vertrautes; manches führt zurück zum früheren Joachim Hammer, spiegelt sein Leben in der Realwelt:
Auf der Hausantenne
sitzt eine Nebelkrähe
empfängt noch Sonnenlicht
Bares Wunder Baum – wohl beste
Klimaanlage du
mit der Vögel Sound …
Siebzehnstein liest sich wie das Fazit eines langen und intensiven Lebens. Westliche Erkenntnis und östliche Erleuchtung durchdringen einander und schaffen eine Perle der Weisheit und zugleich ein Kleinod der Dichtung.
… vielleicht unbeschadet
und glückselig durch den Ring
eines Schwarzen Lochs
in ein Spiegelversiunum zu entschweben …
Traude Veran